Die Schuppung machts …

Posted on: 10. Januar 2021, by :
Bild 1: Blau-bronzegeschuppte aus der Zucht von Jürgen Schulz (Lüchow-Dannenberg)

Liebe Züchterfreundinnen und Züchterfreunde,

die allermeisten von Euch besitzen ja vermutlich mein Buch über die Cauchois, das ich vor ein paar Jahren gemacht habe und das gerade auch einen umfangreichen historischen Teil enthält. Daraus wissen wir, dass die ursprünglichen Cauchois die geschuppten waren. Mit der Entstehung und Formung zur Rasse um 1890 hießen sie zunächst auch „Geschuppte aus Caux“ oder auch „Schuppflügeltaube“, bis sie dann mit der offiziellen Anerkennung als Rasse 1905 und dem ersten Rassestandard 1908 ihren noch heute gültigen Namen „Cauchois“ bekamen.

Die Schuppung ist also das eigentlich urtümliche; das Hauptrassemerkmal schlechthin! Und bis heute entscheidet das Schuppungsbild zumindest in der letzten Konsequenz bei Vorliegen aller anderen hochwertigen Rassemerkmale über Sieg und Platz bei der Präsentation der Tiere.

Für uns allemal Grund genug, die Schuppung hier besonders in den Focus zu nehmen.

Deutsche Züchter hatten bereits mit Zuchtbeginn um 1960 und Gründung des damaligen Sondervereins im Dezember 1966 sehr gute Orientierung zur Schuppung durch die hervorragenden Bilder des flämischen Malers Johan Lentinck, die dieser nach dem Kriege und besonders in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zur Bebilderung verschiedener bekannter Fachbücher schuf. Wir sehen hier in Bild 2 bei Lentinck die schön gleichmäßig und bindenartig über das Flügelschild verlaufende Schuppung. Vor allem auch bis in die Schultern und das sogenannte Herz noch mit der gewünschten Dreifarbigkeit, die eine Schuppung im Vergleich zur Hämmerung ausmacht. Diese Dreifarbigkeit besteht aus zwei Ovalen auf beiden Seiten (Fahnen) der jeweiligen Flügeldeckfeder. Beide farbigen Ovale sollen am Federschaft zusammenstoßen (Bild 3) und nicht am Federschaft offen sein (Bild 4). Sie sollen auch auf beiden Seiten des Federschaftes gleich sein, so dass sich in der Mitte zur Federspitze hin so ein Dreieck ergibt und zwar in der Farbe der Grundfarbe. Beim Standardfarbenschlag Blau-bronzegeschuppt also eine dreieckige Federspitze in einem möglichst hellen Blau. Beide Farbpartien werden durch einen feinen aber deutlich ausgeprägten schwarzen Saum (bei Blau-bronzegeschuppten) voneinander abgegrenzt. Deshalb habe ich oben von einer Dreifarbigkeit gesprochen. Bei einer Hämmerung fehlt dieser Saum, sodass diese nur aus zwei Farben besteht.

Bild 2: Schuppungsbild nach dem flämischen Maler Johan Lentinck

Im Idealfall, den schon Lentinck durch seine Bilder vorgegeben hat, ergibt sich auf jeder einzelnen Flügeldeckfeder der unterschiedlichen Kategorie und damit der unterschiedlichen Größe der Deckfeder eine solche Farbaufteilung. Durch ihre Anordnung auf dem Flügelschild fügen sich dann diese so einzeln gefärbten Deckfedern zu dem Schuppungsbild, wie wir es ideal bei Lentinck sehen – also der oben beschriebene bindenartige Verlauf und die Zeichnung des gesamten Flügelschildes mit leichter Verjüngung zu den Schultern hin und im Herz.

Von diesem Ideal waren (und sind zum Teil noch) die Zuchtstände der einzelnen geschuppten Farbenschläge unserer Cauchois weit entfernt. Viele Jahre lang war eine Schuppung in den Schultern und im Herz nahezu Utopie. Auch beim Standardfarbenschlag Blau-bronzegeschuppt genügte uns noch vor wenigen Jahren (Bilder 5 und 6), wenn in den Schultern und im Herz zumindest ansatzweise die schwarze Säumung mit etwas blauer Grundfarbe vorhanden war. Wir sehen hier aber deutlich, dass der Blauanteil der Schuppung in der Relation zum gesamten Flügelschild in Schultern und Herz nachlässt und unterrepräsentiert ist. Dieser Effekt ist auch leicht erklärbar, denn je mehr man die Ausprägung von klarer dreieckiger Schuppung in Schultern und Herz anstrebt, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Schuppung auf den größeren Deckfedern im Zentrum des Flügelschildes (im Anschluss an die Binden) etwas zu grob erscheint. Der Blauanteil also etwas zu viel Raum einnimmt. Die Schuppung erscheint dann entweder insgesamt etwas zu grob, oder aber es bildet sich im Zentrum des Flügelschildes eine Anhäufung von Blauanteilen ohne klare „Sortierung“ der Schuppung. Die französischen Preisrichterkollegen nennen diese Häufung „Plaque“, also sinngemäß übersetzt „Fleck“, was zur Herabstufung des Tieres führt.

Die Kunst und Herausforderung in der Zucht liegt also darin, eine schön verteilte Schuppung bis hinein in Schultern und Herz einerseits zu erreichen, ohne dass diese andererseits im Zentrum des Flügelschildes insgesamt zu grob oder an einer Stelle zu gehäuft erscheint!

Die Bilder 7 und 8 zeigen uns diese Zielvorstellung bei einem Täuber und die Bilder 9 und 10 bei einer Täubin. Beide erreichen schon in naher Vollkommenheit gleichmäßige Blauanteile über das gesamte Flügelschild mit sich verjüngender und ausgewogener Verteilung.

Wir sehen, dass züchterisch nicht nur so einiges machbar ist, sondern auch schon erreicht wurde. Es gilt nach wie vor der alte Grundsatz: je vollkommener und je gleichmäßiger die Schuppung, desto wertvoller ist das Tier! In ziemlicher Perfektion zeigt Bild 11 die gewünschte Schuppung, die hier Züchterfreund Alber Hinrichs mit Farbe und Pinsel auf meine Holztaube gezaubert hat.

Bild 11: Schuppung nach Albert Hinrichs (Sassenburg)

Abschließend zu diesem Thema noch meine Einschätzung zu den einzelnen Farbenschlägen:

Bei den Standardfarbenschlägen Blau-bronzegeschuppt und Blaufahl-sulfurgeschuppt sieht man zuletzt immer mehr Tiere, die derartige Verbesserungen des Schuppungsbildes mitbringen. Ihre Verbreitung und Zuchtbasis ist auch groß, sodass diese Forderungen immer mehr erhoben werden können. Für Blau-weißgeschuppte und besonders auch Blaufahl-weißgeschuppte gilt wohl genau diese Ausgangslage nicht, weil ihre Zuchtbasis deutlich geringer und der Zuchtstand noch nicht so fortgeschritten ist. Hier dürfen also noch keine – letztlich überzogenen – Forderungen an die Perfektion des Schuppungsbildes gestellt werden. Bleiben noch die Blau-rosageschuppten. Sie sind in breiter Basis vorhanden und hatten vor Jahren einen absolut führenden Zuchtstand. Diesen Vorsprung vor Blau-bronzegeschuppten und Blaufahl-sulfurgeschuppten haben sie nach meiner Einschätzung eingebüßt, weil gerade bei diesen beiden Farbenschlägen in den letzten Jahren eine Menge vorangebracht wurde. Demgegenüber haben sich die Blau-rosageschuppten in den letzten 20 Jahren etwas auf ihrem Erfolg ausgeruht. Ich ermuntere deshalb neben allen anderen gerade auch die Züchter der Blau-rosageschuppten auf die hier beschriebenen Grundzüge eines schön verteilten Schuppungsbildes zu achten und weitere Verbesserungen züchterisch in die Wege zu leiten.

Jürgen Schulz
Zuchtwart des CCD