Die Entwicklung der Bindigen

Überraschend werden die ersten bindigen Farbenschläge der Cauchoistaube in der ersten, im Jahr 1908 in Frankreich erschienenen Musterbeschreibung erwähnt. Überraschend, weil keine der überlieferten Schriften und Darstellungen bis dato einen Hinweis auf ihre Existenz geben. Die ersten Bindigen dürften daher zwischen 1880 und 1905 entstanden sein. Zu der Zeit sind Römer, Mondain und Carneau stark verbreitet und lassen vermuten, da alle vier Rassen damals noch eine starke Ähnlichkeit zueinander aufweisen, dass sie maßgeblich an der Entstehung der bindigen Cauchois beteiligt sind.

Blaue mit bronze Binden:

Die Blauen mit bronze Binden, früher „mit roten Binden“, sind einer der ersten überlieferten bindigen Farbenschläge unserer Cauchois und werden bereits 1908 in der ersten französischen Musterbeschreibung erwähnt. Ihre Entstehung ist nicht ganz eindeutig. Entweder durch den Einfluss der oben genannten Rassen entstanden oder durch „Zufall“, indem Blau-bronzegeschuppte mit zu grober Schuppung verpaart und so die Schuppung allmählich zurückgedrängt wurde.

Eine erste Darstellung einer Blauen mit bronze Binden sehen wir in der Sonderausgabe von „Vie a la Campagne“ aus dem Jahre 1926. Bildmaterial aus den 1950er Jahren legt zudem nahe, dass sie die Wirren des Zweiten Weltkrieges überlebten. Zusammen mit Vertretern der heutigen Hauptfarbenschläge blau-bronzegeschuppt und blaufahl-sulfurgeschuppt kommen in den 1960er Jahren auch erste bronzebindige Tiere nach Deutschland und finden hier ihre ersten Liebhaber. Sie haben Anfang der 1970er eine starke Zeit, verlieren danach aber in der Gunst der Züchter und damit verbunden an Qualität und Quantität. Zur Jahrtausendwende zählen die Blauen mit bronze Binden in Deutschland zu den anfälligen Farbenschlägen der Cauchois. Erst in den letzten zwanzig Jahren konnte hier wieder entsprechend stabilisiert werden.

Blaufahle mit Sulfurbinden:

Der zweite bindige Farbenschlag, der bereits in der Musterbeschreibung von 1908 erwähnt und nachweislich nicht den Wirren des Zweiten Weltkrieges zum Opfer gefallen ist, ist der der Blaufahlen mit Sulfurbinden. Vertreter dieser Farbvariante wurden früher als „Silberne mit gelben Binden“ bezeichnet. In den ersten Jahren nach Gründung unseres Sondervereins gibt es in Deutschland aber nur eine namhafte Zucht. Mangels anderer Alternativen weisen diese Tiere viele Mängel auf, die auf eine zu starke Einkreuzung von Römern schließen lassen. Erst in den 1970er Jahren gibt es eine wesentliche Weiterentwicklung – in Belgien ist dieser Farbenschlag zu jener Zeit bereits stärker verbreitet und das Zuchtmaterial qualitativ hochwertiger. Der entscheidende Durchbruch kommt in den 1980er Jahren mit der regelmäßigen Ausrichtung der Europäischen Vergleichsschau und dem angeregten Austausch von Erfahrungen und Zuchtmaterial über die Landesgrenzen hinweg.

Blaue und Blaufahle mit weißen Binden:

Die Blauen mit weißen Binden sind nicht historisch überliefert, obwohl ihre Farbvariation und das Wissen über die Existenz der Hyazinthfarbigen das durchaus vermuten lassen. Da sie zur natürlichen Farbpalette der Cauchois gehören waren sie in Deutschland zwar anerkannt, aber zugleich unbekannt. Und so beginnt ihr Dasein im Jahr 1972. Albert Lutz aus Euerbach – damals der bekannteste deutsche Züchter von Blauen mit bronze Binden – wird in den ersten Jahren zu ihrem größten Förderer. Er erzüchtet sie (wieder), indem er Blaue mit bronze Binden mit blauen, farbschwingigen Luchstauben der weißbindigen Zeichnungsvariante verpaart. Bereits im Jahr 1973 erfolgt die Erstvorstellung. Aber bis heute hängt ihnen das Luchserblut nach und die Festigung der angestrebten Rassemerkmale ist nach wie vor oberstes Ziel der sehr kleinen Züchtergemeinschaft.

Bei den Blaufahlen mit weißen Binden handelt es sich um eine Aufhellung der Blaufahlen mit Sulfurbinden, verbunden mit einem Pigmentverlust, bzw. die Verdünntvariante der Blauen mit weißen Binden. Es kann davon ausgegangen werden, dass Tiere beider Farbenschläge zum Einsatz kamen. Und wie wir wissen, sind die Blauen mit weißen Binden erst Anfang der 1970er Jahre (wieder) entstanden. Gleiches gilt daher für die Blaufahlen mit weißen Binden – sie werden ab 1973 wieder erzüchtet.

Blaue mit rosa Binden:

Die Blauen mit rosa Binden sind der jüngste Farbenschlag unter den Bindigen (Nicht berücksichtigt sind diverse Neuzüchtungen, die in Deutschland nicht anerkannt sind!), obwohl ihre geschuppten Brüder, die Pfirsichblütenfarbigen, zu den urtümlichen Farbenschlägen unserer Cauchois gehören: Sie sind Anfang der 2000er Jahre vermehrt auf Ausstellungen im Mutterland Frankreich zu sehen, ihre Anerkennung in Deutschland erfolgt vor zirka 10 Jahren. Inzwischen hat dieser sehr schöne Farbenschlag bei uns einen festen Liebhaberkreis und erfreut sich auf Ausstellungen wachsender Meldezahlen – andere ältere, bindige Farbenschläge wie speziell die Blauen und Blaufahlen mit weißen Binden reichen in der Regel bei Weitem nicht mehr heran. Davon profitiert auch ihre Qualität, sodass wir unter den ausgestellten Blauen mit rosa Binden regelmäßig hochklassige Rassevertreter zu sehen bekommen.

Rot- und Gelbfahle:

Die Rot- und Gelbfahlen sind Ende der 1970er Jahre in Frankreich entstanden. Deutsche Züchter werden erstmals 1980 bei der ersten Europäischen Cauchoisvergleichsschau im elsässischen Herrlisheim auf sie aufmerksam. Zu dem Zeitpunkt sind sie auch im Mutterland Frankreich noch nicht anerkannt. Das erfolgt 1986, wenige Jahre später zieht auch der Deutsche Verband nach.

Ein Wort zur Farbe: Die Rot- und Gelbfahlen sind die einzigen Farbenschläge der Cauchois, deren Grundfarben nicht der so typischen Blaupalette (bzw. richtig, die der schwarzen und davon abgeleiteten Grundfarben) entspringen, sondern die eine dominant rote Grundfarbe besitzen. Die Gelbfahlen sind dabei die Verdünntvariante der Rotfahlen. Diese Besonderheit stellt die Züchter der rot- und gelbfahlen Cauchois regelmäßig vor Herausforderungen, weil bei unseren Cauchois untypischer Weise für rot- und gelbfahle Färbungen ein klar erkennbarer Farbabsatz zwischen weißer Unterrückenfarbe und Bürzeldeckgefieder verlangt wird. Zwar sind beide Farbenschläge etabliert und zeigen regelmäßig hochrassige Vertreter, sie können aber infolge dieser Besonderheit nur als Ergänzung zu den klassischen Farbenschlägen gesehen werden. Ihrer Attraktivität und der Gunst der Züchter tut das aber keinen Abbruch.

Quelle: Jürgen Schulz „Cauchois – Portrait einer französischen Taubenschönheit“ aus dem Jahr 2009


Buchtipp:

Jürgen Schulz „Cauchois – Portrait einer französischen Taubenschönheit“
Cauchois-Verlag
1. Auflage 2009
ISBN 978-3-00-024850-4